Adresshandel: Was aus der Sofort-Rente von Boesche Direct GmbH geworden ist




Über 50.000 Leser, 7 Verweise, eine offene Antwort und jetzt auch noch ein TV-Bericht in der WDR-Sendung Markt mit dem Titel „Adresshandel: Mit Gewinnen gelockt„. Das ist die bisherige Bilanz zu einem Erfahrungsbericht zur Sofort-Rente von Boesche Direct GmbH vom 29.01.2008, welcher interessante Einblicke in den Datenhandel bereithält.

Die Boesche Direct GmbH, im Internet erreichbar unter Boesche.de hatte via Briefwerbung auf eine Sofort-Rente aufmerksam gemacht, die man unter einer kostenlosen Rufnummer abrufen konnte. Während des Gespräches stellte sich jedoch schnell heraus, dass es im Grunde nur darum ging, ein Los der NKL zu verkaufen.

Schon damals machte das Forum Antispam darauf aufmerksam, dass hier wohl versucht wird, die verbotenen cold-calls (Kaltakquise) zu umgehen. Die im Zuge der Nachfragen zur Herkunft meiner persönlichen Daten erteilten Auskünfte ergaben, dass meine Daten von der Seite Beauwell.com stammen sollen.

Als verantwortlicher Adressbroker wurde mir die Trebbau & Koop Crossmedia GmbH genannt, die ich ebenfalls angeschrieben habe, ob Sie mir dies bestätigen können. Auf die Antwort warte ich heute noch, doch wie die Recherche des WDR ergab, hat mir die Boesche Direct GmbH (versehentlich) die Daten eines falschen Adressbrokers genannt.

Dafür war der (neue) Adressbroker, die dmc Direct Marketing Company GmbH aus Filderstadt, gerne bereit, sich den offenen Fragen anzunehmen und hat nicht nur ausführliche, sondern auch transparente Antworten geben können. Meine Daten stammen tatsächlich von der Seite Beauwell.com und wurden über die dmc Direct Marketing Company GmbH gehandelt. Anhand der mir vorgelegten Daten musste die dmc davon ausgehen, dass ich mit der Verwendung meiner Daten einverstanden bin.

Unerklärlich ist die ignorante Einstellung der Trebbau & Koop Crossmedia GmbH, die bereits wenige Stunden nach meiner Publikation mit entsprechender E-Mail auf diesen Vorgang aufmerksam gemacht wurde. Wie eine „offene“ Antwort zu sensiblen Informationen zu werten ist, muss ich wohl niemandem erklären, doch warum nicht für Transparenz sorgen, wenn man von seinem (vermeintlichen) Kunden namentlich erwähnt wird, obwohl man mit dieser Angelegenheit offenbar nichts zu tun hat?

Im Beitrag des WDR wurde ebenfalls ein Interview mit dem Geschäftsführer der Trebbau & Koop Crossmedia GmbH, Herrn Thomas Brutschin geführt. Hier wurden die Fragen zum Thema gerne und offen beantwortet. Für meinen Geschmack kann da etwas nicht stimmen, doch vielleicht ist die fehlende Antwort schlichtweg als Gleichgültigkeit zu bewerten.

Für die Verbraucherzentrale NRW steht jedenfalls fest, dass die Boesche Direct GmbH das Telefonwerbeverbot umgangen hat. Dadurch ist eine Irreführung der Verbraucher entstanden, die ebenso unzulässig ist wie das Telefonwerbeverbot selbst. Hinzu kommt, dass Lotterielose nach dem neuen Glücksspielstaatsvertrag nicht mehr per Telefon beworben werden dürfen. Auch hiergegen sei verstoßen worden, so die Verbraucherzentrale NRW.

Dieser kleine Erfahrungsbericht zur Sofort-Rente der Boesche Direct GmbH zeigt gleich eine Vielzahl von Gefahren auf, die sich nicht nur mit dem Adresshandel beschäftigen. Es werden immer wieder neue Wege gefunden, um dem Verbraucher mit allen Mitteln etwas unterzuschieben. In Kombination mit gekauften Adressdaten, kann es heute definitiv jeden treffen. Wer also denkt, dass seine Aktivitäten im Internet nichts mit der realen Welt zu tun haben, sollte endlich aufwachen.

Auch sollte man sich darüber bewusst sein, dass selbst „renommierte“ Unternehmen wie beispielsweise die NKL, sich schlichtweg Ihrer Verantwortung entziehen, die Schuld von sich weisen und auf andere abwälzen – und das schon seit vielen Jahren. Der Adresshandel und das damit verbundene Targeted Advertising (Zielgerichtete Werbung) ist der Markt der Zukunft, davon möchten natürlich alle profitieren. Wen wundert es da noch, dass sich auch Kriminelle für zielgerichtete Abzocken interessieren – und schon lange ausführen.

Manchmal habe ich sogar den Eindruck, dass Abzocker und „renommierte“ Unternehmen kooperieren. Ein bekanntes Logo auf einer Abzockseite weckt Vertrauen und hilft dabei, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Auf Abzockseiten sind es vermeintliche Vertragsabschlüsse und überwiegend auch das Werbeeinverständnis, welches den Anbieter dazu berechtigt, Ihre persönlichen Daten an Dritte weiter zu geben.

Der Verbraucher muss wissen, auf was er sich einstellen muss; Nämlich auf zielgerichtete Angriffe, die Ihn jederzeit treffen können. Die Schuldfrage selbst, wie es überhaupt zu solch einer akuten und künftig fortlaufenden Gefahr kommen konnte, ist da schon etwas komplizierter, doch man kann von klaren Versäumnissen der Politik im zeitgemäßen Umgang mit dem Internet, Mangel an Aufklärung am Verbraucher und nicht zuletzt der Verantwortungslosigkeit von Unternehmen sprechen – und das seit vielen Jahren.

Heute ist es für eine Regulierung zu spät, denn Ihre Daten sind im Umlauf. Heute können Sie nur noch reagieren, wobei allem voran die regelmäßige Kontrolle Ihrer Kontoauszüge zu einem absoluten Standard werden muss, da unsere Banken zwar dazu in der Lage sind ab einem Guthaben von € 10.000,- telefonisch über ein Anlagemodell zu beraten, aber Sie nicht bei ungewöhnlichen Abbuchungen informiert. Irgendetwas läuft da doch grundsätzlich verkehrt in Deutschland, oder sehe nur ich das so?

Interessantes und lesenswertes dazu im Internet:

PS: Leider war zum Zeitpunkt dieser Publikationen noch kein Video zum Beitrag des WDR vorhanden. Sobald dieser verfügbar ist, werde ich hier einen Link dazu setzen.

Update: Zum Beitrag